Besuch beim Forschungszentrum Caesar bildet Auftakt der Reihe „Bonner Begegnungen“
Das
moderne Gebäude in Bonn-Plittersdorf fällt auf. Vor der gläsernen Front zur
Ludwig-Erhardt-Allee ragt eine 25 Meter hohe leuchtend rot lackierte Stele auf.
Der hintere Bauteil zur Rheinaue hin ist wellenförmig geschwungen und steht auf
Stelzen über einem Teich – ein Gruß in Richtung Rhein. Bonner Journalistinnen und
Journalisten haben dem architektonischen Schmuckstück am 28. Juni im Rahmen der
neuen Reihe „Bonner Begegnungen“ (siehe unten) einen Besuch abgestattet. Denn
darin ist seit 2003 das Forschungszentrum Caesar ansässig, eine von vielen
interessanten Einrichtungen der Bundesstadt Bonn.
Der
Name Caesar steht für „Center of advanced european studies and research“. Rund
50 Wissenschaftler forschen hier auf dem Gebiet der Neurowissenschaften. Das
Forschungszentrum wird von einer gemeinnützigen Stiftung privaten Rechts
betrieben und ist seit 2006 mit der Max-Planck-Gesellschaft assoziiert. Gegründet
1995 im Zuge des Bonn-Berlin-Ausgleichs, ging Caesar 1999 zunächst in Räumen am
Friedensplatz in Betrieb. Der Neubau an der Rheinaue bietet Platz für 300
Mitarbeiter, Caesar selbst beschäftigt derzeit 120. Ein Teil der Fläche ist an
das 2009 gegründete Deutsche Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE)
vermietet.
Stefan
Hartmann, Mathematiker und Mitarbeiter der Caesar-Pressestelle, führt die
Bonner Journalistinnen und Journalisten durch das raffiniert angelegte Gebäude.
Der vordere Teil beherbergt öffentlich zugängliche Bereiche wie Casino,
Bibliothek und Hörsaal, während sich die Labore der Wissenschaftler im hinteren
Teil mit der „Welle“ befinden. Es geht durch lange Flure und an Labortüren
vorbei, auf denen Schilder vor „Biogefahr“ warnen.
Sichtlich
begeistert berichtet Hartmann von einer bahnbrechenden Entdeckung, die Forscher um Caesars wissenschaftlichen
Direktor Prof. Dr. U. Benjamin Kaupp kürzlich gemacht haben. Prof. Kaupp leitet
die Abteilung Molekulare Neurosensorik, die die Signalverarbeitung in Zellen
untersucht. Im März 2011 haben die Forscher der Abteilung aufgeklärt, wie das
weibliche Sexualhormon Progesteron in menschlichen Spermien wirkt, und damit,
wie die Eizelle im Eileiter orientierungslosen Spermien zeigt, wo es lang geht.
„Wie genau das funktioniert, darüber haben Wissenschaftler 30 Jahre lang gerätselt“,
sagt Hartmann. Diese Entdeckung könne für die Pharmaindustrie von großer
Bedeutung sein, um neue, noch besser verträgliche Verhütungsmittel zu
entwickeln.
Dann
führt Hartmann eine Treppe hinab in den Keller und einen unterirdischen Gang
entlang. Drückte oben die Hitze des Sommerabends, fröstelt es die Besucher hier
unten. Die Journalistengruppe betritt einen Raum, der unter der Rheinaue liegt,
über einen doppelten Boden verfügt und den Spitznamen Bunker trägt. Er schirmt
kostbare Geräte gegen Vibrationen, Schallwellen, Temperaturschwankungen und
elektromagnetische Störungen ab, zum Beispiel hochauflösende
Elektronenmikroskope. Hier unten befindet sich außerdem der sogenannte
Reinraum, der so heißt, weil sich kaum Partikel darin befinden dürfen. In dem
Reinraum arbeiten Forscher unter anderem im Bereich Bionik und versuchen etwa,
die Technik des Feuerkäfers nachzuahmen, der Waldbrände frühzeitig bemerkt.
Keinen
Waldbrand, aber die Hitze des Sommerabends spüren die Journalistinnen und
Journalisten, als sie die Treppe hinaufsteigen und schließlich wieder im gläsernen
Foyer stehen. Ihr Blick fällt wieder auf die rote Stele, die übrigens mit
Morsezeichen in grünem Licht Texte über Caesar aussendet und so für die
Kommunikation mit der Öffentlichkeit steht.
Info: Bei den „Bonner Begegnungen“ möchte die BJV ihre Mitglieder mit Kolleginnen und Kollegen in Bonner Einrichtungen zusammenführen, die nur selten für Schlagzeilen sorgen, ein Schattendasein fristen oder deren Bekanntheitsgrad doch schon größer ist. Welche Institution möchten Sie gerne einmal besuchen? Mailen Sie uns unter djv-bonn@djv-bonn.de.
Barbara Buchholz

