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  • 2015 - Januar - 15. - Eine Stadt und ihr Ringen um Steuerzahler: Gespräch mit dem Kämmerer der Bundesstadt Bonn

Eine Stadt und ihr Ringen um Steuerzahler

Ludger Sander könnte eigentlich entspannt morgens ins Bonner Stadthaus kommen, um seinen Dienst anzutreten. Drei nationale Unternehmen, die im Kammerbezirk 32.000 Arbeitsplätze zählen, deutschlandweit sogar auf 350.000 Stellen kommen – und bedeutende Steuerzahler sein könnten. Doch der städtische Haushalt profitiert nur in geringem Maß von der Deutschen Telekom AG, der Deutschen Post DHL und der Deutschen Postbank AG. Die Nutzung der Steuergesetze durch Unternehmen habe längst „exzessive Ausmaße erreicht“, stellt Sander nüchtern fest. Der Bonner Stadtkämmerer weiß, wovon er spricht.

In der Reihe „Bonner Begegnungen“ der Bonner Journalisten-Vereinigung (BJV) vermittelte er den Journalistinnen und Journalisten einen Eindruck von den Sorgen und Nöten eines städtischen Schatzmeisters, der längst keinen Schatz mehr verwaltet. Sondern nach Lösungen forscht, um die drückende Schuldenlast der Kommune in den Griff zu bekommen. Angesichts der Vielzahl an Schlupflöchern und trickreicher Steuerexperten eine Herkulesaufgabe. „Die Bürger in Bonn sind verwöhnt“, so Prof. Dr. Sander, der mit den Ratsparteien überlegt, welche der elf Bäder geschlossen werden könnten. In seiner Heimat Münster gebe es ganze drei Bäder. Ähnlich verhalte es sich mit den Friedhöfen: 42 in Bonn stünden lediglich drei in Münster gegenüber.

Die Zukunftsfähigkeit der 310.000 Einwohner zählenden Bundesstadt stehe auf dem Spiel. Bis 2019 steigt die Verschuldung auf stolze 2,13 Milliarden Euo. Zugleich plant Bonn einen ausgeglichenen Haushalt für 2020. Die Gäste der BJV waren nicht zur Märchenstunde gekommen, Sander machte die Zahlen transparent, blieb kaum eine plausible Antwort schuldig. Hielt sich zurück bei der Frage, wie sich die Stadt ein millionenschweres Festspielhaus leisten könne bei gleichzeitiger Last durch die Fertigstellung des skandalträchtigen Kongresszentrums WCCB am Rhein, auf das die benachbarte UN dränge. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt, dass beide Vorhaben dem Stadtsäckel gut tun würden. Schließlich musste auch ein Teil der Journalisten passen, als Sander die Gäste mit der Frage aller Fragen locken wollte: „Wo würden Sie denn abspecken, wenn es darum geht, millionenschwere Sparmaßnahmen zu ergreifen?“ Dem leisen Räuspern im Raum folgte nachdenkliches Schweigen unter den Medienvertretern.

Steffen Heinze

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