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  • 2021 - September - 9. - Bonner Begegnungen: Besuch bei Rainer Pause, Gründer des Bonner Pantheon-Theaters

Bonner Begegnungen: Besuch bei Rainer Pause, Gründer des Bonner Pantheon-Theaters

„Wenn ich ernst war, wurde es lustig – schon mit 13“

Rainer Pause, Pantheon-Gründer; Lambert-Sebastian Gerstmeier, BJV-Vorsitzender
v.l.: Rainer Pause, Pantheon-Gründer
Lambert-Sebastian Gerstmeier, BJV-Vorsitzender
Photo: Steffen Heinze

Wem können wir glauben? Was sind Fakten, wie gehen wir mit Hassrede um? Diesen Fragen widmen sich dieser Tage nicht nur Journalist*innen, sondern auch Kabarettisten. Und wer sich mal entspannt zurücklehnen, abschalten und feinsinnigen Humor genießen möchte, dem sei ein Besuch im Kabarett, beispielsweise dem Bonner Pantheon-Theater empfohlen. Mitglieder der Bonner Journalistenvereinigung (BJV) warfen Anfang September einen Blick hinter die Kulissen der weit über Bonn hinaus strahlenden Spielstätte: In der Reihe „Bonner Begegnungen“ stellte sich Rainer Pause, Gründer des kulturellen Aushängeschilds, den Fragen der Journalist*innen – auf einer kleinen Bühne, in der Lounge des ehemaligen Fabrikgebäudes. BJV-Vorsitzender Lambert-Sebastian Gerstmeier moderierte die Begegnung.

Ein Abend der besonderen Art. Der gebürtige Essener Pause gründete das Theater 1987 – heute ist er dessen Inhaber und Geschäftsführer. Und gebietet über 66 Mitarbeitende, in einer „der schönsten Spielstätten Bonns“, wie Pause sein „Wohnzimmer“ liebevoll bezeichnet. Er empfängt seine Gäste nicht im gewohnten Bühnenoutfit (Markenzeichen: dunkler Zweireiher, dunkle Krawatte und markante Brille, dazu streng nach hinten gelegte Haare), sondern leger, gut gelaunt, den Schalk stets im Nacken. In seiner Begleitung: Prof. Dr. Heinz Günter Horn, Vorsitzender des Kulturförderkreises Pantheon und einer von fast 1.000 Förderern des Pantheons.

Pause liebt klare Worte, auch abseits seiner Bühne. Kommt die Rede auf die Pandemie – die sein Theater im Stadtteil Beuel relativ unbeschadet überstanden hat – verweist er auf die auf 200 Plätze begrenzte Kapazität statt der üblichen 450 meist ausverkauften Stühle. Der kommerzielle Ticketvertrieb kassiere eine zu dicke Provision, Ärger liegt in der Luft, die Gesichtszüge gewinnen an Spannung. Pauses Empfehlung ans (BJV-)Publikum: „Kauft doch die Karten bei uns, spart euch die Gebühr.“

Rainer Pause, Pantheon-Gründer; Lambert-Sebastian Gerstmeier, BJV-Vorsitzender; Prof. Dr. Heinz Günter Horn, Vorsitzender des Kulturförderkreises
v.l.: Rainer Pause, Pantheon-Gründer; Lambert-Sebastian Gerstmeier,
BJV-Vorsitzender; Prof. Dr. Heinz Günter Horn, Vorsitzender des
Kulturförderkreises; Photo: Erhard Schoppert

Einen Atemzug später strahlt der 74-Jährige schon wieder – wenn er an seine Ankunft in Bonn zurückdenkt. Er wollte hier Medizin studieren, wechselte nach ein paar Semestern die Fakultät und lernte einiges über Germanistik, Kommunikation und Phonetik. Nebenbei begann er 1966 als Schauspieler an der Studiobühne der Uni, wurde später deren Regisseur und Leiter. Raus aus dem Hörsaal, mit dem er nicht warm wurde. Ab 1982 wechselte er ins Kabarett-Fach, gemeinsam mit Heinrich Pachl bespielte er das Kölner Theater „Der Wahre Anton“.

In Bonn traf er Norbert Alich – eine Begegnung mit langjährigen Folgen. Seit 1990 treten die Beiden immer wieder gemeinsam auf, als Fritz (Pause) und Hermann (Alich) gehören sie zum festen Pantheon-Inventar. Nahezu unzertrennlich, scharfzüngig in ihren Pointen – stets mit einem begeisterten Publikum. Und bundesweit oft ausverkauften Häusern.

Bei der Begegnung mit Bonner Journalist*innen ist Pause immer wieder in seinem Element, er lacht gern über sich selbst und versucht, dem Leben auch Leichtigkeit abzugewinnen. Etwa, wenn er auf die aktuelle Rolle der Kultur (-politik) eingeht. Es sei „fatal, wenn es heißt, Kultur sei nicht systemrelevant“. Er schüttelt den Kopf. „Der Gaul ging mit mir durch, als ich mich vor fast 35 Jahren fürs Pantheon entschied.“

Und damit für eine Institution am Rhein, die längst als Aushängeschild gilt, bei der Stadt aber nur behutsam Beifall und finanzielle Unterstützung findet. Teilweise habe er Theaterpausen mit Discobetrieb überbrückt, „das tat der Kasse und den Rücklagen gut“. Heute weiß die bundesweite Kabarett-Prominenz sein Haus zu schätzen, ob Gaby Köster, Andreas Rebers, Jürgen Becker oder Thorsten Sträter. Mit hochkarätigen Gastspielen füllt Pause das Programm, nicht zu vergessen sein „Pink Punk Pantheon“ zur Karnevalszeit. Dann führt er mit Norbert Alich durchs Programm, die Vorstellungen sind Wochen vorher ausverkauft.

Photo: Erhard Schoppert
Photo: Erhard Schoppert

„Ich wollte nie ein Theater betreiben“, versichert der „Altlinke“ Theaterchef Pause. Näää! Ein Lehrer habe ihn erstmals auf eine Bühne geschickt, da war er fast 14. „Immer, wenn ich besonders ernst war, wurde es lustig“, erinnert sich Pause an den Start seiner „Kabarett-Karriere“.

Jahrzehnte später dann Corona. „Auf zwei Jahre hinaus war unser Spielplan fast voll, viele „Sachen“ waren ausverkauft. Bis zu drei Mal haben wir Gastspiele verlegt, „im guten Glauben und voller Zuversicht“. Doch der Vorhang blieb geschlossen. „Ein Wahnsinns-Chaos, ein furchtbarer Stillstand“, so Pause. Und strahlt: „Wir haben ein tolles Publikum: Viele wollten ihr Eintrittsgeld nicht zurück. Ihr habt es doch nötiger, hieß es wohlwollend unter vielen Bonnern.“ Bis zum Frühjahr 2021, als der Betrieb langsam wieder zum Leben erwachte, Ende der Kurzarbeit in Beuel.

Immer wieder drängt es ihn zu Ausflügen in die städtische Kultur-Politik, das gespannte Verhältnis und der „Mangel an Ideen“ seitens Politik und Verwaltung gegenüber der Theaterlandschaft erzürnen Pause mehrfach an diesem Abend. „Ein anstrengendes Verhältnis. Eine Debatte über neue Formen ist überfällig – auch mit Blick auf die Finanzierung von Kulturarbeit. Ich bin entsetzt über diesen Stillstand“, sagt einer, der ohne Subventionen auskommen muss. Nahezu desillusioniert, aber nicht entmutigt. Ein wenig Hoffnung keimt auf, wenn er an die „bescheidene Medienszene“ denkt. In den Zeitungen spiele der Kulturbetrieb keine große Rolle mehr. Dabei sei Kultur-Kritik doch Werbung für uns Kulturleute, auch in Bonn gebe es „sehr gute Feuilletonisten, die auf den weniger werden Zeitungsseiten sich für ihr und für unser gemeinsames Metier stark machen“, so Pause. Die mediale Talfahrt bereitet ihm spürbar Sorgen.

Immerhin kommt der WDR bald wieder mit seinem TV-Tross nach Beuel: Zur Übertragung des von Pause initiierten Nachwuchswettbewerbs „Prix Pantheon“, bei dem die besten Kabarett-Talente Deutschlands ausgezeichnet werden – für viele ein wichtiges Sprungbrett. Rainer Pause führt im November durchs Programm. Bevor er mit Norbert Alich wieder die närrische Session einläutet: „Da führt kein Weg dran vorbei, so lange ich lebe.“

Steffen Heinze

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