Bonner Begegnungen: Zu Besuch am Bonner Bogen

Wärme aus dem Wasser

Steffen Große, Photo: Lambert-Sebastian Gerstmeier
Steffen Große, Photo:
Lambert-Sebastian Gerstmeier

Mit einem brandheißen Thema in einer kühler werdenden Jahreszeit befassten sich Kolleginnen und Kollegen der Bonner Journalistenvereinigung (BJV). Sie besuchten im Rahmen der „Bonner Begegnungen“ eine der größten Geothermie-Anlagen Europas, die nachhaltig mit Grundwasser Kälte im Sommer und Wärme im Winter produziert. Diese Besichtigung stand im Mittelpunkt einer Informationstour über die vielfältige Nutzung des heutigen Campus‘ „Bonner Bogen“ auf dem Gelände der ehemaligen Zementfabrik am Rhein.

Doch zuerst führte der Weg durch eine Tiefgarage unter die Erde, wo Steffen Große, Diplom-Ingenieur für Gebäudetechnik und Betriebsleiter der zuständigen Ecovisio GmbH, die Geothermie-Anlage erläuterte. Dicke Metallrohre in buntes Licht getaucht, verstärkten die Ausführungen des Fachmannes in der „Energiezentrale“ effektvoll, als er die Technik der bereits seit über einem Jahrzehnt funktionierenden Anlage vorstellte.

Genutzt wird die Energie des Erdreiches, in diesem Fall die eines natürlichen Grundwasserspeichers, der sich über einer undurchlässigen Ton-und Kiesschicht unter dem Bonner Bogen befindet. Aus 28 Meter tiefen Brunnen wird das Grundwasser hinauf und wieder hinunter gepumpt und je nach Jahreszeit in die erforderliche Energie (Kälte oder Wärme) umgewandelt – 60 Liter pro Sekunde, gut 1,5 Millionen Kubikmeter jährlich. Die Anlage arbeite im Prinzip wie ein großer „Kühlschrank“ mit einer Wärmepumpe, betonte Große. Das Wasser werde dabei nicht verunreinigt, beruhigte er auf eine diesbezügliche Frage. Es diene lediglich als Energiespeicher, der Prozess sei für das Öko-System unproblematisch.

Gut 60 000 qm Raumfläche werden auf diese Weise im angeschlossenen Hotel „Kameha“ sowie in umliegenden Bürohäusern und einer Klinik im Sommer mit Kühlung und im Winter mit Wärme versorgt. Umgerechnet könnte das auch für 450 Privathaushalte reichen. 80 Prozent der notwendigen Heizenergie wird momentan mit der Anlage abgedeckt. Für die restlichen 20 Prozent muss noch Erdgas eingesetzt werden. Doch das wolle man jetzt in Angriff nehmen, so Große, um baldmöglichst vollkommen unabhängig und klimaneutral arbeiten zu können. Bereits jetzt werden jährlich gut 400 Tonnen CO2 gegenüber einer vergleichbaren Erdgas-Beheizung eingespart.

Auch wenn die Geothermie-Anlage bei der Planung des „Bonner Bogens“ keine günstige Anschaffung war, so sei sie doch eine vorausschauende nachhaltige Investition gewesen, und das nicht nur im Hinblick auf die momentan ständig steigenden Energiepreise. Es sei erstaunlich, dass so relativ wenig Interesse an Geothermie bestehe, wunderte sich Steffen Große.

Özlem Doger-Herter, Photo: Alexandra Bartschat
Özlem Doger-Herter,
Photo: Alexandra Bartschat

Im Anschluss an diesen faszinierenden Einblick in eine vielleicht zukunftsweisende Technik der Energieversorgung informierte Özlem Doger-Herter, Head of Communication der Scopevisio AG sowie Invite Group, über die Entwicklung des heutigen „Bonner Bogens“. Auf dem Gelände der ehemaligen Zementfabrik am Rhein in Beuel haben sich in den vergangenen Jahren zahlreiche innovative Firmen der Technologie- und Softwarebranche, sowie Bildungseinrichtungen, Privatkliniken, Gastronomiebetriebe und das Lifestyle-Hotel „Kameha“ angesiedelt und dort nicht nur viele Arbeitsplätze, sondern auch ein modernes Ambiente geschaffen.

Özlem Doger-Herter, selbst Gründerin der Wissenschafts- und Wirtschafts-Plattform „ASK-A-WOMAN.COM“, hob in diesem Zusammenhang besonders die Start-Ups hervor, die im sogenannten „Digital Hub“ nicht nur auf dem Campus „Bonner Bogen“, sondern künftig auch an zwei weiteren umliegenden Standorten gefördert werden sollen. Gut 70 Start-Ups wurden bereits „von der Idee bis zur Gründung“ unterstützt, und vor allem auch der Austausch untereinander lanciert, erklärte Özlem Doger-Herter in einem der hellen Bürogebäude des Campus‘ mit Blick auf ein idyllisches Rhein-Panorama.

Monika Freitag-Doering

Photo: Lambert-Sebastian Gerstmeier

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