Gepflegter Austausch und Gänse-Tafel ohne KI

Was hätte KI zum Gänseessen der Bonner Journalistenvereinigung (BJV) gesagt? Hätte sie die Einladung überhaupt dankend angenommen oder wegen "eines anderen Termins" wohlwollend abgesagt?
Ein gepflegter und anregender Austausch unter geschätzten Kolleginnen und Kollegen ist durch nichts zu ersetzen. Das dürfte auch Copilot & Co. klar sein (oder etwa noch nicht?). Das zeigte auch die Anwesenheit jüngerer Mitglieder an diesem November-Abend in einem Godesberger Lokal am Südzipfel von NRW.
Inspirationen, Erfahrungen, Erinnerungen austauschen, dazu langjährige DJV-Mitglieder würdigen - spätestens hier wäre KI überfordert gewesen.

Lambert-Sebastian Gerstmeier, Vorsitzender der Bonner Journalistenvereinigung, freute sich, dass auch Stefan Lenz, stellvertretender Vorsitzender des DJV-Landesverbandes NRW, und Frank Stach, Vorsitzender des DJV-Unterstützungsvereins NRW, den Weg zur traditionellen Gänse-Tafel gefunden hatten. Knapp 20 Gäste erfuhren das Neueste aus dem Landesverband.

Gerstmeier wies eingangs auf die jüngste Hiobsbotschaft der nur wenige Kilometer entfernten Deutschen Welle hin, die im kommenden Jahr Kürzungen von zehn Millionen Euro verkraften muss. Dies hatte wenige Tage zuvor der Haushaltsausschuss des Bundestags beschlossen. "Und das in einer Zeit, in der die Medien- und Informationsfreiheit weltweit zunehmend unter massiven politischen und ökonomischen Druck gerät", so Gerstmeier. Immerhin gehöre die DW zu dem von Wolfram Weimer geführten Ministerium für Kultur und Medien, unter dem Dach des Bundeskanzleramts. Gerstmeier: "Noch besteht ein Funken Hoffnung, dass Weimer die Zeichen der Zeit erkennt - und sich im Bundestag gegen die Streichung stark macht. Vielleicht sogar mit Unterstützung des DJV!"

Mehr junge Leute für DJV gewinnen
v.l.n.r: Gregor Andreas Geiger (40er-Jubilar), Stefan Lenz, Peter Hoenisch, (50er-Jubilar), Lambert-Sebastian Gerstmeier, Dr. Walter Wehrhahn (40er-Jubilar)
v.l.n.r: Gregor Andreas Geiger (40er-Jubilar), Stefan Lenz, Peter Hoenisch,
(50er-Jubilar), Lambert-Sebastian Gerstmeier, Dr. Walter Wehrhahn (40er-Jubilar)
Foto: Steffen Heinze

Auf die zahlreichen, in diesem Jahr vereinbarten Tarifabschlüsse, etwa bei Tageszeitungen, machte Stefan Lenz aufmerksam. Tagelange Streiks von Mitarbeitenden hätten den Druck auf Verlegerseite erhöht und maßgeblich zum positiven Ergebnis beigetragen. Strukturreformen innerhalb des DJV und Akzent-Verschiebungen, darunter die Stärkung des vielbeachteten Journalistentags in Dortmund, seien ein vielversprechender Weg, den DJV auch für junge Leute attraktiver zu machen.

Den weitesten Weg an diesem Abend hatte ausgerechnet ein Jubilar auf sich genommen: Peter Hoenisch (90) kam eigens aus Berlin an den Rhein, um Urkunde und die goldene DJV-Nadel für 50-jährige Mitgliedschaft in Empfang zu nehmen. Lenz und Gerstmeier würdigten den nach wie vor umtriebigen Autor und Journalisten - und ehemaligen Bonner (siehe separater Beitrag). Zu den weiteren Jubilaren gehörten Dr. Walter Wehrhahn und Gregor Andreas Geiger (jeweils seit 40 Jahren im DJV). Geiger verfolgt den DJV "mit kritischem Abstand" und fordert "mehr Selbstkritik ein".
Der Journalismus insgesamt müsse durch "mehr Glaubwürdigkeit überzeugen und sich mehr denn je behaupten", auch gegenüber den sogenannten Sozialen Medien.
Demgegenüber verwies Wehrhahn auf die Bedeutung der JournalistInnengewerkschaft DJV hin. Als Dozent, etwa an der Fachhochschule des Mittelstands in Köln, mache er immer wieder "gern Werbung in eigener Sache. Wenn es in den Vorlesungen um die Zukunft des Journalismus' geht, spielt natürlich auch der DJV eine wichtige Rolle." Junge Studierende zeigten sich daran "durchaus interessiert".

Ein Zeichen der Solidarität
Von links: Frank Stach, Lambert-Sebastian Gerstmeier; Foto: Steffen Heinze
Von links: Frank Stach, Lambert-Sebastian Gerstmeier; Foto: Steffen Heinze

Ein besonderer Höhepunkt des Abends im Bonner Süden: Lambert-Sebastian Gerstmeier überreichte dem Vorsitzenden des "U-Vereins", Frank Stach, einen symbolischen Scheck über 500 Euro. "Der Platz an der Sonne ist nicht jedem vergönnt. Älteren Kolleginnen zum Beispiel, die Kinder groß gezogen haben und nun von einer Minimalrente leben müssen oder Kolleginnen und Kollegen, die 2021 von der Flut betroffen waren. Sie alle sind froh über die Hilfe unseres Vereins", sagte Stach. Er dankte der BJV für die Spende. Sie mache "die Solidarität mit Schwachen und denjenigen deutlich, die wenig Glück im Leben haben".
Steffen Heinze

Die weiteren, aber nicht anwesenden, Jubilare: Bernd Fuhs (60 Jahre), Helmut Keiser (50 Jahre), Wolfgang von Brauchitsch und Ursula Wissemann (jeweils 40 Jahre) sowie Michaela Adams, Monika Baumann, Caroline Bergmann, Dr. Michael Drabe, Jeanne Ettelt, Guido Henn, Michael Herkenhöhner, Dr. Gerrit Hermes, Dr. Andrea Hindrichs, Stephan Hübenthal, Michael Mager, Joachim Odenbach, Brigitte Papayannakis, Felix Peckert, Thomas Reintjes, Markus Saga, Silke Uebelstädt, Tassilo Freiherr von Leoprechting, Corinna von Rotberg und Claudia Wallendorf (jeweils 25 Jahre).

Peter Hoenisch: 50 Jahre im DJV - Von Ruhestand keine Spur

Von links: Peter Hoenisch, Stefan Lenz; Foto: Steffen Heinze
Von links: Peter Hoenisch, Stefan Lenz; Foto: Steffen Heinze

Wer mit Peter Hoenisch über wichtige Stationen in seinem Leben spricht, kommt mit dem Einordnen kaum nach. Zu diesen Stationen zählen auf jeden Fall 50 Jahre Bonn und sein heutiger Lebensmittelpunkt Berlin, wo er seit 15 Jahren wohnt - und das Dasein als äußerst aktiver und lebensfroher Rentner genießt. Die Bonner Republik? Zwar nicht vergessen, aber seine Erinnerungen daran verblassen zunehmend, das Rheinland vermisst Hoenisch nicht mehr.

Vor 50 Jahren trat er dem DJV bei. "Ich war sehr gut vernetzt, mit manchen Journalistinnen und Journalisten auch freundschaftlich verbunden", so Hoenisch, Jahrgang 1934. Was letztlich zum Eintritt in den DJV führte? "Da muss ich passen." Er stand dem Journalismus jedoch "sehr nahe, damals und heute".

Der in Frankfurt/Main gebürtige und spätere Saarländer sowie Vater zwei Kinder und Großvater von vier Enkelkindern lässt immer wieder eine Prise Humor in seine Schilderungen einfließen. Eigentlich sollte seine berufliche Karriere völlig anders verlaufen: "Ich wollte Sänger werden, doch mein Vater riet mir ab. Trotz Deiner starken Bass-Stimme bist Du nicht der Typ dafür." Immerhin: Es reichte für den renommierten Thomaner-Chor in Leipzig. Dort gab Hoenisch ein zweijähriges Gastspiel.

Der studierte Volkswirtschaftler kam Anfang der 1960er-Jahre nach Bonn, zusammen mit seiner Frau. Hier arbeitete er unter anderem für die Wirtschaftsagentur VWD, bevor er seine eigene PR-Agentur gründete ("Hoenisch & Partner"). Er spezialisierte sich auf die Beratung japanischer Unternehmen, darunter Sony, Toyota und die Botschaft Japans in Bonn.

Seine Arbeit für Sony hatte Folgen: 1975 wechselte er zum Elektrokonzern und wurde Mitglied der Geschäftsleitung von Sony Deutschland. 13 Jahre später zog Hoenisch weiter: 1988 wechselte er zu RTL nach Köln, als Direktor Kommunikation, Marketing und Vertrieb. Die Liebe zum Privatsender war nicht von Dauer: "Heute wüsste ich nicht, warum ich bei RTL einschalten sollte."

Hoenisch wird in Kürze 91 - und sieht sich immer noch als "News Junkie", verfolgt mehrere Tageszeitungen, Zeitschriften. In seiner "Freizeit"  widmet er sich "manchmal gleich vier Büchern gleichzeitig". Und schmunzelt, wenn er daran denkt, selbst gern zur Feder zu greifen. So hat er sich dem Bahnhof Rolandseck, gleich hinter der Grenze in Rheinland-Pfalz, genähert - und das Lebenswerk seines Freundes und "Lebensberaters" Johannes Wasmuth der Nachwelt erhalten. Es erschien jüngst in der zweiten Auflage im Verlag Walther König ("Der Bahnhof Rolandseck - das Lebenswerk des Johannes Wasmuth").

Peter Hoenisch freut sich schon auf seine nächste Neuerscheinung: Im Dezember kommt "Die Stimme von Sony - Wie Kommunikation das Markenbild formte" auf den Markt. "Vielleicht nicht mein letztes Werk", räumt Hoenisch ein. Und sieht "einem neuen Großauftrag" zuversichtlich entgegen. Nur nicht zu früh die Hände in den Schoß legen.

Steffen Heinze

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