Barbie, Alexa und Angela
Die Überraschung kam zum Schluss: Ein offener Protest-Brief des DJV-Bundesvorsitzenden Frank Überall an den CDU-Politiker Friedrich Merz, der einst äußerte, Journalistinnen und Journalisten würden aufgrund der Digitalisierung nicht mehr gebraucht. Nachzulesen in der Sonder-Ausstellung „Deutschland digital“ des Hauses der Geschichte, die die Bonner Journalistenvereinigung (BJV) im Rahmen ihres Sommerfestes besuchte, das mit italienischem Buffet und anregenden Gesprächen abgerundet wurde.

Präsident Prof. Dr. Harald Biermann,
BJV-Vorsitzender Lambert-Sebastian Gerstmeier,
sitzend vorne mit blauem Hemd: Thomas Münten (DJV-NRW)
Photo: Erhard Schoppert-Moering.
1994 aufgrund einer Initiative des ehemaligen Bundeskanzlers Helmut Kohl eröffnet, haben seitdem rund 14 Millionen Menschen die Dauerausstellung des Hauses der Geschichte in Bonn besucht. Bei den Wechselausstellungen seien es bisher gut neun Millionen gewesen, betonte Präsident Prof. Dr. Harald Biermann in seiner Begrüßung. Er verwies zusammen mit Pressereferent Peter Hoffmann darauf hin, dass wegen geplanter Umstrukturierungen und Umbauten das Haus im September 2024 geschlossen werde. Die Neueröffnung sei für Ende 2025 geplant. Noch bis Februar 2024 ist die Sonder-Ausstellung „Deutschland digital“ zu sehen, die die Bonner Journalistenvereinigung in den Mittelpunkt ihres sommerlichen Treffens stellte.
Ob Barbie-Puppe als Robotik-Ingenieurin, Angela Merkels abgehörtes Handy, Alexa im Wohnzimmer, erfolgreiche Erotik-und Datingportale oder 4,7 Millionen veröffentlichte Passwörter des gehackten Netzwerkes Linkedln.com als Kunstobjekt – die zahlreichen Themen der Ausstellung zeigen, wie umfassend im Positiven wie Negativen die Digitalisierung inzwischen in alle Bereiche des Lebens eingreift. Was einst harmlos mit Einsen und Nullen begann, weitet sich immer gravierender in der Wirtschaft und Arbeit, im Alltag und Privatleben, in der Politik und der Gesellschaft aus. Im Zuge dieser Entwicklung wird der Mensch „gläsern“ und überwachbar. Besonders deutlich wurde dies am ausgestellten Beispiel Chinas, das das Verhalten seiner Bürger digital kontrolliert und mit Minus- und Pluspunkten benotet, was Konsequenzen für das weitere Leben hat. Für die Kolleginnen und Kollegen interessant, das aktuelle Thema Künstliche Intelligenz (KI), das u.a. mit dem Beispiel von Beethovens nicht zu Ende geschriebener 10. Sinfonie vertreten war, die inzwischen mittels KI „vollendet“ wurde.
Keiner wisse, wie sich die Entwicklung der KI besonders im Journalismus fortsetze, gab Thomas Münten vom DJV-Landesverband aus Düsseldorf zum Abschluss des Rundganges zu bedenken, und „merkt der Leser den Unterschied überhaupt?“. Er wies außerdem auf das akute Problem des DJV hin, dass viele jüngere Kolleginnen und Kollegen zwar gern von den gewerkschaftlichen Verhandlungsergebnissen profitieren, aber selbst oft keinen Sinn darin sehen würden, den Verband als Mitglied zu unterstützen. Doch trotz nachdenklicher Anklänge verlief das BJV-Sommerfest im Café des Hauses der Geschichte in einer angeregten frohen Stimmung. Nicht nur BJV-Vorsitzender Lambert-Sebastian Gerstmeier freute sich darüber, nach drei Jahren unfreiwilliger Corona-Pause wieder zwanglos Wein und Gespräche miteinander genießen zu können.
Von Monika Freitag-Doering