Journalismus light: Die neue Armut in den Medien?

Die Lage ist ernst, aber nicht hoffnungslos. Auf diesen gemeinsamen Nenner ließen sich die Meinungen der Diskutierenden auf dem Podium bringen. Unter dem Titel „Journalismus light: Die neue Armut in den Medien“ hatte die Bonner Journalistenvereinigung Vertreter aus Medien, Politik und DJV am 8. Mai 2008 zum ersten BJV-Forum in der Deutschen Welle geladen. „Wir wollen das Augenmerk auf die schwierige Lage in den Redaktionen und bei den freien Journalisten richten“, sagte BVJ-Vorsitzende Anne Altmann. „Wir glauben, dass diese zu einer Verschlechterung der Arbeitsqualität führt.“ Rund 50 Gäste hatte das Thema angezogen, die rege Beteiligung an der Diskussion sprach für sich.

Dass die Arbeitsbedingungen Auswirkungen auf die Qualität der Produktion haben, das mochte keiner der Podiumsgäste bestreiten. Auch nicht Christian Lindner, Chefredakteur der Rhein-Zeitung (RZ) in Koblenz. Um gute Zeitung zu machen, sei es nötig, „einen Personalstand zu haben, der über dem liegt, was man für das Füllen der Seiten braucht.“ Am äußersten Rand des Podiums sitzend, schien Lindner stets auf dem Sprung, sich zu verteidigen. Hintergrund: Der Mittelrhein-Verlag, in dem die RZ erscheint, gehörte zu den Pionieren des Redaktions-Outsourcings zur Einsparung von Personalkosten.

Von „flammenden Herzen für den Journalismus“ sprach Carla Schulte-Reckert, Leiterin der Journalistenakademie der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung. Nicht so sehr die Bedingungen als vielmehr die innere Einstellung sei ausschlaggebend für gute journalistische Arbeit. Dem stimmte DJV-NRW-Landesvorsitzender Helmut Dahlmann im Auditorium zu – so lange dies nicht zur Selbstausbeutung werde: „Qualität hat was mit innerem Brennen zu tun, aber das kann auch verglühen.“

Wo aber bleibt die verlegerische Verantwortung, wenn die Rendite im Vordergrund steht? Marc Jan Eumann, Medienpolitischer Sprecher der SPD, brachte es auf den Punkt: „Das Verleger-Ethos stirbt.“ Verändert hat sich auch das Verhältnis von Leser- zu Anzeigenmarkt für die Verlage. Machten früher die Werbekunden 2/3, der Aboverkauf 1/3 aus, ist es heute umgekehrt. „Die Leser bringen mehr als der Anzeigenmarkt“, so RZ-Chefredakteur Lindner. Entsprechend selbstbewusst könnten die Redaktionen agieren, leisteten sie doch die wichtigste Arbeit. Allerdings hat der dramatische Verlust der Werbeeinnahmen, dem dieses neue Verhältnis entspringt, eine ganz andere Folge: Die verbliebenen Anzeigenkunden haben sehr viel mehr Bedeutung für einen Verlag.

Mehr Bedeutung für Redaktionen haben in Zeiten gekürzter Stellen die freien Journalisten. Das aber schlägt sich selten in angemessener Honorierung nieder. Die Flinte ins Korn zu werfen, ist aber trotz schlechter Bedingungen auch keine Lösung: „Man muss sich eben von vielen schlecht bezahlen lassen“, so der freie Journalist Walter Schmidt. Im Idealfall setzen sich Ressortchefs oder Redaktionsleiter für ihre Freien ein. Auch der DJV verhandelt mit Verlegern über Honorare.

Was nun wird aus der Qualität im Journalismus, dafür gab es kein Patentrezept. Dass sie sich – wenn auch nicht flächendeckend – durchsetzen würde, schien Konsens. Auch, dass die Zeiten nicht einfacher würden: „Wenn die Generation iPod und Wikipedia erwachsen ist, kommt die wahre Herausforderung“, formulierte es Lindner.

Barbara Buchholz

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